Die Geschichte des Guppys

WIE DER GUPPY NACH DEUTSCHLAND KAM:
Der Siegeszug eines Fisches 
Im Jahre 2008 hatte der Guppy Geburtstag, denn wir feierten das 100jähriges Jubiläum seines Erstimports
nach Deutschland. Und in diesem Jahr 2009 folgt ein weiteres Jubelfest, denn dann ist die Erstbeschreibung
schon 150 Jahre her. Das ist der Anlass zu diesem Artikel, denn Feste soll man feiern wie sie fallen!

Kein anderer Fisch hat die Aquaristik und damit das Hobby so sehr beeinfl usst wie dieser kleine, bunte Kerl, der übrigens zu Anfang gar nicht so bunt war!
Sein Siegeszug ist bis heute beispiellos, er hat mehr Menschen zur Aquaristik gebracht als jeder andere Aquarienbewohner. Und immer noch ist seine Beliebtheit ungebrochen; in den Verkaufs - Hitlisten der Zoogeschäfte steht er immer ganz weit oben! Aber woher stammt er, wie kam er zu uns und woher kommt seine immer noch ungebrochene Popularität? Über diesen Siegeszug berichtet mein
Artikel – ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben – denn die würde den Rahmen eines kleinen Artikels sprengen. Sehen sie mir also eventuelle Lücken nach.

In den Jahren 1855 - 1858 erhielt das Zoologische Museum in Berlin insgesamt sechs von JULIUS GOLLMER (einem in Caracas lebenden deutschen Apotheker), gefangene und konservierte Fischsendungen aus Venezuela. Diese wurde von WILHELM C. H. PETERS (1815 - 1883) bearbeitet und in den Monatsschriften der Königlichen Akademie der Wissenschaften veröff entlicht. Hier der Originaltext
seiner Erstbeschreibung PETERS, W. (1859): „Eine neue Art der Gattung Leptocephalus und über einige andere neue Fische der zoologischen Museums. Mber. Königl. Akad. Wiss. Berlin, Juni 1859, 411-412. „9. Juni 1859. Gesammtsitzung der Akademie. PETERS legte eine neue von Jagor im atlantischen Meere gefangene Art der Gattung Leptocephalus vor und fügte Mittheilungen über einige andere Fische des zoologischen Museums hinzu. 6. Poecilia reticulata n. sp. Grünlichgelb mit einem schwarzen Netz werk, dessen Maschen den Rändern der Schuppen parallel liegen, am Bauche silbrig. Schuppen in 7 Längs- und in 27 Querreihen; obwohl einiger derselben durchbohrt erscheinen, ist doch keine deutliche Seitenlinie zu sehen. Ganze Länge 39, Höhe 9, Länge des Kopfes 7 Millimeter. D. 8 A. 10. Caracas; in dem Guayre-Flusse von GOLLMER gesammelt“.
PETERS nannte die Art Poecilia reticulata nach dem netzartigen Muster auf der Haut des Tieres. Für uns mutet diese Erstbeschreibung recht dürftig an, aber dies war die wissenschaftliche Geburtsstunde des Guppys. Die Präparate befinden sich immer noch im Besitz des Museums für Naturkunde in Berlin.

Aber wie kam der Guppy zu seinem Populärnamen? Warum heißt er Guppy, nicht GOLLMER? Guppys erhielten ihren Namen zu Ehren von ROBERT JOHN LECHMERE GUPPY (1836 - 1916), einem englischen Immigranten aus Trinidad. GUPPY kam 1858 in Trinidad an und wurde dort zum Superintendenten des Schulwesens. Nun, 1866 fing der Engländer GUPPY auf der Karibikinsel Trinidad
in dortigen Bächen und kleinen Flüssen einige Tiere und ließ sie dem Leiter des Britischen Museums, dem berühmten deutsch-englischen Ichthyologen ALBERT C. L. GÜNTHER (1830 - 1914) zukommen. Dieser hielt die Tiere für nicht identisch mit Poecilia reticulata und beschrieb sie zu Ehren von ROBERT L. GUPPY als Girardinus guppyi.
Ungefähr um die gleiche Zeit wie GUPPY erhielt auf der Insel Barbados der Zoologe und Weltreisende FILIPPO DE FILIPPI (1814-1867), Professor an der Universität in Turin, von dem Mönch Pater ERMENEGILDO ARNABOLDI DI TREMEZZO einen kleinen, männlichen Fisch. Diesen beschrieb er im Jahre 1861, also zwei Jahre nach PETERS, als neue Art, die er Lebistes poeciloides nannte. Die Konfusion war perfekt, denn alle drei hatten natürlich Exemplare einer Art beschrieben, eben unseres Guppys.
Während PETERS ein Weibchen aus Venezuela beschrieb, FILIPPI ein einzelnes Männchen, gefangen auf Barbados, beschrieb GÜNTHER Guppys, die in Trinidad gefangen wurden. Heute wissen wir, dass es kaum einen Fisch gibt, der so viele genetische Variabilität besit t wie der Guppy.
Damals aber war man noch am Anfang aller Forschung. Der Farbpolyphänismus sowie der Geschlechtsdimorphismus sorgte bei den Fängern und den Wissenschaftlern für große Verwirrung.

In den Anfängen des 19. Jahrhundert war es dann der britische Captain J. A. M. VIPAN, der die Verwirrung beendete. VIPAN war ein leidenschaftlicher Fänger und Sammler von Süßwasserfischen, der von sich behauptete, das schönste und größte Süßwasseraquarium in Europa zu besitzen. Er berichtete, alle beschriebenen Arten seien ein- und dieselbe Art, was er mit Kreuzungen belegen konnte. So wurde denn letz tendlich anerkannt, dass PETERS Beschreibung die Erstbeschreibung war. Der Name Guppy trat nun seinen Siegeszug rund um die Welt an. Dieser „Trivialname“ setzte sich dann für den kleinen Kerl weltweit durch.

Wie die ersten Guppys nach Deutschland kamen beschrieb der berühmte Züchter JOHANN
PAUL ARNOLD (1869 - 1952) in einem Artikel der „Blätter für Aquarien und Terrarienkunde“. Mitte Dezember des Jahres 1908 importierte CARL SIGGELKOW aus Venezuela (die Tiere wurden im Guayre Fluss, nahe Caracasgefangen) die ersten lebenden Guppys nach Deutschland.
SIGGELKOW besaß eine Firma in Hamburg und importierte zu dieser Zeit sehr viele Tiere erstmals nach
Deutschland (unter anderem Epiplatys dageti, Belonesox belizanus, Heros severus und den Zwergkärpfling Heterandria formosa). Es waren nur 22 weibliche und nur 3 männlicheGuppys, die Hamburg lebend erreichten.
Laut Bleher lag das an der rigiden Behandlung der Frachträume aller Lieferungen aus tropischen Ländern, die mit Blausäure (!) desinfiziert wurden um dem „Gelben Fieber“, der Cholera und anderen Tropenkrankheiten vorzubeugen.
Hier zeigte sich erstmals, dass die weiblichen Guppys in der Tat härter sind als die männlichen.
Bereits wenige Tage nach der Ersteinfuhr wurden die ersten Guppys auf deutschem Boden geboren, nämlich 12 Junge.
Diese Vermehrungsfreudigkeit sollte dem Guppy den Ehrennamen „Millionenfisch“ einbringen, den er bis heute behalten hat. Der Preis für ein Paar betrug im Jahre 1909 achtzig Goldmark. ARNOLD, der Erstzüchter beschrieb seine Nachzucht in einem Artikel voller Begeisterung und meinte, dass „sämtliche Farben des Sonnenspektrums vertreten seien“. Im selben Jahr berichteten Züchter (MAX G. FINCK und SEIDEL, Hamburg) von schwertförmigen Verlängerungen der Schwanzflosse. Bereits im Jahre 1914
berichteten mehrere Züchter von Ansätzen zu Schleier und Fächerschwänzen, so wie über Schwanzflossen „die mit langen Fahnen bei prächtigster Färbung geschmückt sind“. Ein ganz wichtiges Datum war der 22. November 1910. An diesem Tag wurde vom Nymphea-Club in Leipzig die erste Guppy-Schau in Deutschland überhaupt abgehalten. Das Ziel war es, die verschiedenen Importvarianten
zu präsentieren, denn mittlerweile waren alleine im Jahre 1909 aus Barbados, Trinidad und Venezuela neue
Importe in Deutschland eingetroffen. Abrupt beendete der erste Weltkrieg die weitere Entwicklung der Guppyzucht.
Unmittelbar nach Ende des Krieges wurde in der „Wochenschrift“ ein Artikel abgedruckt, der mit den Flossenformen Spatenschwanz, Rundschwanz, Speerschwanz und Obenschwert bebildert war. Ein Jahr später konnten die Züchter im sächsischen Beuthen an der ersten Guppyausstellung nach Kriegsende teilnehmen.
Wieder ein Jahr später gab es den ersten Standard, erstellt vom traditionsreichen und sehr bekannten Verein Nymphaea, Leipzig. Dieser Standard wurde bis in die Dreißiger Jahre benutzt. Was geschah in den zwanziger und dreißiger Jahren noch?
Die Erfolgsgeschichte des Guppy wird fortgesetzt.